Wundheilung: 4 Stadien1
Schon unmittelbar nachdem die Haut eine Verletzung erfahren hat, greifen erste biologische Mechanismen, um den Körper vor weiterem Schaden zu schützen und den Defekt zu reparieren. In welchem Umfang dies der Haut ohne medizinische Hilfe gelingt, hängt vom Ausmaß, etwa der Tiefe und Größe der verletzten Hautfläche ab. Medizinisch lassen sich drei einander überlappende Stadien der Wundheilung voneinander unterscheiden:1,2
Entzündliche Phase:
Die Gewebeverletzung stößt die Blutgerinnung an, Thrombozyten, Erythrozyten und Fibrin sorgen für einen ersten Wundverschluss, verschiedene Immunzellen werden rekrutiert, Leukozyten setzen proinflammatorische Zytokine frei, um eingedrungene Mikroorganismen zu bekämpfen. In der späteren Phase dominieren Makrophagen das Geschehen, welche die Migration von Fibroblasten und Endothelzellen fördern und in die proliferative Phase der Wundheilung überleiten.2
Proliferative Phase:2
In den ersten drei Tagen nach der Verletzung beginnt der Abbau des Erstverschlusses der Wunde, indem eingewanderte Makrophagen das koagulierte Blut phagozytieren und Fibrin wieder abgebaut wird. Die Angiogenese wird aktiviert zur Wiederherstellung von Blutgefäßen, und es bildet sich allmählich Granulationsgewebe.
Reparatives Stadium:1
Fibroblasten bilden Granulationsgewebe (Kollagen und Proteoglykane), und es kommt zu Gefäßeinsprossung durch neu gebildete Kapillaren. Diese Phase bereitet die Reparatur des Gewebes vor.
Remodellierungsphase:
Diese Phase beginnt nach etwa 21 Tagen und kann über Wochen und Monate andauern. Durch Umbau von Bindegewebsbestandteilen (z. B. Austausch von Kollagen II durch Kollagen I) versucht der Körper die Bindegewebsfasern wieder so auszurichten, dass sie mechanischen Kräften wiederstehen können. An dem Prozess sind unter anderem zinkabhängige Matrix-Metalloproteinasen beteiligt.
Formen der Wundheilung1
Je nach Art der Verletzung heilt die Haut auf unterschiedliche Weise:
Primäre Wundheilung:
Ein primärer Wundverschluss ist möglich, wenn die Wundränder möglichst glatt und weitestgehend adaptiert sind und die Wunde sauber bzw. nicht infiziert ist, etwa bei glatten Schnittwunden. Auch oberflächliche Schürfwunden können primär verheilen.
Sekundäre Wundheilung:
Diese Form erfolgt über die Bildung von Granulationsgewebe, etwa bei großflächigen oder infizierten Wunden sowie solchen, bei denen die Wundränder weit auseinanderliegen.
Tertiäre Wundheilung:
In diesem Fall bleibt die Wunde zunächst offen. Schließlich kann über eine sekundäre Wundheilung auch ein chirurgischer Verschluss der Wunde erfolgen.
Nahrung für die Haut: Wie Nährstoffe und Vitamine die Wundheilung unterstützen
Immunzellen spielen eine essenzielle Rolle beim Heilungsprozess von Wunden. Daher stellt sich die Frage, inwiefern Immunnährstoffe wie Vitamine, Fettsäuren oder Mineralstoffe die Wundheilung beeinflussen können.2
Ungesättigte Fettsäuren3
Essenzielle Fettsäuren sind wichtig für den Aufbau von Zellmembranen, zudem stellen sie einen Ausgangsstoff für die Synthese von Prostaglandinen und Leukotrienen dar und haben eine wichtige Funktion für den Erhalt einer gesunden Hautstruktur und -funktion.3 Linolsäure spielt außerdem eine entscheidende Rolle für eine intakte Hautbarriere.3 Weder Hunde noch Katzen sind in der Lage, Linolsäure selbst zu synthetisieren, sodass eine Zufuhr über die Nahrung essenziell ist.3 Katzen können außerdem nur begrenzt Arachidonsäure aus Linolsäure bilden, sodass sie auf die Zufuhr beider Fettsäuren angewiesen sind.3
In Studien wurde der Einfluss einer oralen Applikation von Linolsäure bei Tieren mit Hautverletzungen untersucht.2
Die Autoren der Untersuchung beobachteten dabei zu Beginn einen proinflammatorischen Effekt, der durch den Einstrom von Entzündungszellen in das Wundgebiet infolge einer gesteigerten H2O2-Produktion und Chemokinfreisetzung gekennzeichnet war.2 Nach rund 24 Stunden reduzierte sich die Aktivierung und Produktion von proinflammatorischen Molekülen wie NF-κB, IL-1β und IL-6. Gleichzeitig kam es zu einer verstärkten Aktivierung des Aktivatorproteins-1 (AP-1), welches als Transkriptionsfaktor die Expression jener Gene induziert, die für die Proliferation von Keratinoblasten und Fibroblasten zuständig sind – Zellen also, die vor allem an der proliferativen Phase der Wundheilung beteiligt sind. Linolsäure vermochte die entzündliche Phase schneller in die proliferative Phase zu überführen und konnte somit die Wundheilung beschleunigen. Auch weitere Studienergebnisse konnten untermauern, dass Linolsäure die Wundheilung verbessern kann, indem sie die zelluläre Antwort moduliert, die Migration und Funktion von Entzündungs- und Endothelzellen fördert und die Angiogenese im Wundgebiet anregt.2
Auch die Untersuchung des diätetischen Einflusses der mehrfach ungesättigten Linolensäure auf die Wundheilung hat gezeigt, dass die Fettsäure die Phase der Gewebereparatur durch antioxidative und entzündungshemmende Effekte verbessern kann.2 Für den oralen Einsatz von Arachidonsäure konnten Forscher ebenfalls positive Effekte auf die Wundheilung beobachten, die jedoch eng an die Dosierung geknüpft waren.2
Zink3
Zink ist für die Haut ein bedeutsames Spurenelement. Es beteiligt sich im Entzündungs- und Abwehrsystem und ist ein essenzieller Kofaktor zur Synthese der Fettsäuren.3 Viele der biochemischen und molekularen Vorgänge bei der Wundheilung können durch die Zugabe von zusätzlichem Zink beschleunigt werden, indem zinkabhängige Metalloproteinasen hochreguliert werden.
Vitamine4
Vitamine spielen eine bedeutsame Rolle im Wundheilungsprozess der Haut. Die Vitamine A, C, D und E sowie B-Vitamine sind für eine gesunde Hautfunktion bedeutsam.
Vitamin A
Vitamin A ist wichtig für die Integrität von Epithelien und einen regulierten Verhornungsprozess. Retinoide regulieren die epidermale Zellproliferation, indem sie die Produktion von Keratin, Keratohyalingranula, Tonofilamenten und Desmosomen begrenzen und im Wundheilungsprozess die Migration von Keratinozyten ermöglichen. In der Lederhaut stimulieren Retinoide die Fibroblasten-vermittelte Bildung von extrazellulärer Matrix und erzielen so die vermehrte Bildung von Kollagen Typ I und II. Sowohl ein Mangel als auch ein Überschuss des fettlöslichen Vitamins wirken sich nachteilig auf die Hautgesundheit aus. Katzen können Beta-Carotin nicht als Vorstufe für Retinol verwenden – sie benötigen demnach Retinol in ihrer Nahrung.
Vitamin C
Das wasserlösliche Vitamin C hat unterschiedliche Funktionen in der Wundheilung: Es befördert die Kollagensynthese in der Haut, moduliert Immunzellen und fungiert als Antioxidanz.4 Studien an Tieren konnten zeigen, dass die Gabe von Vitamin C mit einer verbesserten Wundheilung einherging.
Vitamin E
Auch Vitamin E kommt eine bedeutende Rolle für die Haut aufgrund seiner antioxidativen Eigenschaft als Radikalfänger zu. Vermutlich begrenzt Vitamin E die Schäden durch freie Radikale, welche in der Entzündungsphase durch neutrophile Granulozyten entstehen.
Vitamin D
Die Hauptfunktion von Vitamin D besteht in der Regulation des Kalziumhaushalts beziehungsweise des Knochenstoffwechsels. Kalzium und Vitamin D scheinen jedoch auch für Aktivität von Genen eine Rolle zu spielen, die an der Keratinozyten-Differenzierung beteiligt sind.4 Die lokale Vitamin D Aktivität ist in Hautwunden erhöht, was möglicherweise auf einen Einfluss im Wundheilungsprozess hinweist. Untersuchungen an Tieren zeigten, dass sowohl topische als auch systemische Vitamin-D-Formen zu einem beschleunigten Wundverschluss führten, die Re-Epithelisierung förderten und zur Bildung von widerstandfähigeren Wunden führte.4 Inzwischen weiß man, dass Calcitriol nach einer Hautverletzung die Expression verschiedener antimikrobiell wirksamer Peptide induziert und auf diese Weise möglicherweise zum Schutz vor Wundinfektionen beiträgt.4
B-Komplex-Vitamine
Die Vitamine aus der B-Komplexgruppe sind wasserlöslich und werden daher vom Körper rasch wieder ausgeschieden. Daher ist ihre tägliche Aufnahme notwendig. Tiere mit einem Vitamin-B-Mangel weisen Hautveränderungen wie trockene, schuppige Haut sowie Haarausfall auf. Für die Wundheilung scheint vor allem Vitamin B1 (Thiamin) als Kofaktor verschiedener biochemischer Prozesse die bedeutendste Rolle zu spielen. Dafür spricht auch, dass ein Thiaminmangel mit Wundheilungsstörungen einhergeht. Humanmedizinische Studien zeigten außerdem einen Zusammenhang zwischen der Supplementierung von Thiamin und einer verbesserten Heilung parodontaler Wunden. Auch Riboflavin (Vitamin B2) scheint im Wundheilungsprozess mitzuwirken. Tiere mit einem Riboflavinmangel zeigten eine langsamere Epithelisierung und geringere Wundkontraktion. Vitamin B5 (Pantothensäure) ist ein Kofaktor bei vielen Acetylierungsreaktionen, es kann sowohl bei topischer als auch systemischer Anwendung den Wundverschluss fördern. Vermutlich fördert es die Migration von Fibroblasten und steigert den Proteinstoffwechsel.
Literaturnachweise:
1 https://flexikon.doccheck.com/de/Wundheilung
2 Silva, J.R. et al.: Wound Healing and Omega-6 Fatty Acids: From Inflammation to Repair. Hindawi Mediators of Inflammation Volume 2018, Article ID 2503950, 17 pages https://doi.org/10.1155/2018/2503950
3 Watson T. D. G.: Diet and Skin Disease in Dogs and Cats. The Journal of Nutrition, Volume 128, Issue 12, December 1998, Pages 2783S–2789S
4 Sinno S., Lee D.S., Khachemoune A.: Vitamins and cutaneous wound healing. CWS, FAAD I Loyola University Chicago Stritch School of Medicine, Maywood, Illinois, USA, 2 State University of New York and Veterans, Affairs Hospital, Brooklyn, New York, USA. Journal of wound care. Vol. 20 No. 6. 2011